Beschreibung

Hallo,

mein Name ist Isabel Unger. Ich bin 19 Jahre alt und habe mich entschieden ab August 2012 für ein Jahr in Ghana zu leben. Mein Wohnort wird die große Stadt Kumasi sein, in der mich eine Gastfamilie aufnehmen wird. Vor Ort werde ich im Rahmen des EMC-Ghana Projektes an der Garden City Special School, einer Schule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, arbeiten.

Auf diesem Blog werde ich Berichte vom Leben und der Arbeit in Ghana, sowie Fotos hochladen.

Viel Spaß beim Lesen, eure Isa

Sonntag, 24. März 2013

3.3.13: Weißsein


Das Weiß sein ist für mich ziemlich anstrengend! Man fällt IMMER auf. Und alle 2m ruft jemand „Weiße“ und erwartet ein Winken oder ein Hallo. Und wehe ich hör diese Person aus versehen nicht! Dann kommt direkt jemand angerannt und beschimpft mich.
Es nimmt sich auch jeder das Recht raus einen anzufassen, kein über den Arm streicheln und mal schauen wie sich weiße Haut anfühlt, sondern man wird festgehalten. Und sobald man sich losreißt, sind die meist jungen Männer, die einen festhalten, so beleidigt, dass sie einen beschimpfen oder schlagen wollen. Die meisten, vor allem jungen Männer, denken auch sie hätten das Recht zu beschließen, dass wir jetzt Freunde sind und falls man das gar nicht will, dann ist das auch ein Grund einen zu beschimpfen oder schlagen.
Von den Schulkindern wird man 10 000 mal gerufen, aber das macht mir nichts aus. Die freuen sich wenn ich winke, hören dann aber trotzdem nicht auf zu rufen. Anstrengend sind Mädchen zwischen 17 und 27. Die lachen sich meist schlapp, kommen auf mich zu und sagen mit übertrieben hoher Stimme „Weiße, wie geht’s?“ und lachen sich kringelig. Die bekommen von mir meist eine Antwort in der gleichen übertrieben hohen und verarschenden Stimme.
Auch im Trotro gibt es oft Situationen, in denen das ganze Trotro auf Twi über einen redet und sich kaputt lacht. Und natürlich verstehe ich mindestens Schlagworte wie „Weiße“ und kann mir auch erschließen, dass über mich gelacht wird, wenn sich die ganze Zeit alle umdrehen und mich anschauen während sie sich kringelig lachen.

Natürlich trifft man auch täglich auf Vorurteile, z.B. das alle Weißen reich sind. Und die meisten gehen davon aus, dass man als Weiße nichts im Haushalt machen kann. In diesem Punkt stellen sich Ghanaer gerne über einen. Meine Cousine hat mir am Anfang weder zugetraut meine Wäsche mit der Hand zu Waschen oder Geschirr zu spülen, noch zu bügeln. Sie nahm mir die Nudeln aus der Hand, als ich Nudeln kochen wollte und auch den Schlüssel, als ich ein Schloss aufschließen wollte.

Es gibt auch viele Leute, die mich viel höher als sich selbst stellen. Alberta hat einmal gesagt, ich soll ihr den Lappen geben, denn sie ist hier die Schwarze und ich die Weiße, also müsste sie ja wohl für mich abspülen. Natürlich meinte ich, dass sie völligen Blödsinn reden. Und auch als die Kirche überflutet war, wurde mir ein Stuhl angeboten während alle anderen den Boden wischten (natürlich habe ich den Stuhl nicht angenommen).

Und wiederum gibt es Situationen bei denen man ausgeschlossen wird, einfach nur auf Grund seiner Hautfarbe. Ich war auf dem Markt, habe mir einen Stoff angeschaut und wollte wissen, wie teuer er ist. Die Frau hat mich auf Twi angebrüllt, dass ich gehen soll. Ich meinte auf Twi, warum? Was sie bitte für ein Problem hat? Und sie hat weiter geschimpft, sie verkaufe nicht an Weiße „geh, geh, geh“. Ich habe mich in der Situation wirklich angegriffen gefühlt. Einfach nur wegen der Hautfarbe ein Geschäft nicht betreten zu dürfen…Ich wusste immer, dass es echt scheiße sein muss für Dunkelhäutige, wenn sie in Deutschland nicht in Clubs usw. kommen und das oft. Aber jetzt weiß ich selbst wie das Gefühl ist, ich war wirklich geschockt. Und Dunkelhäutige in Deutschland erleben solch Situationen bestimmt noch öfter als ich hier.
Außerdem gibt es auf meinem Schulweg einen Jungen, um die 17 Jahre alt denke ich, der mir immer sagt, ich soll zurück gehen wo ich her komme, sonst würde er mich erschießen. So ein Idiot. Mittlerweile strecke ich ihm nur noch die Hand entgegen und sage „ Talk to my hand“ (= Rede mit meiner Hand).