Beschreibung

Hallo,

mein Name ist Isabel Unger. Ich bin 19 Jahre alt und habe mich entschieden ab August 2012 für ein Jahr in Ghana zu leben. Mein Wohnort wird die große Stadt Kumasi sein, in der mich eine Gastfamilie aufnehmen wird. Vor Ort werde ich im Rahmen des EMC-Ghana Projektes an der Garden City Special School, einer Schule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, arbeiten.

Auf diesem Blog werde ich Berichte vom Leben und der Arbeit in Ghana, sowie Fotos hochladen.

Viel Spaß beim Lesen, eure Isa

Sonntag, 24. März 2013

19.3.13: Kosa und Hexengeschichten



Es wurde mal wieder Zeit weg zufahren! Am letzten Wochenende sind wir nach Schulschluss mit unseren Rucksäcken zur MMTStation gefahren. Dort konnten wir direkt in einen Bus nach Cape Coast steigen, der auch innerhalb von 10 min los fuhr. Perfekt! Wir kamen noch vor der Dunkelheit an und wollten deshalb mit dem Trotro und nicht mit dem Taxi weiter fahren. Leider kam man von der Busstation nur mit einem Taxi zur Sudu Junnction, von wo aus die Reise weiter gehen sollte. Als wir ankamen hatte die Sudu Junction leider schon zu, der Platz, der normalerweise voller Trotros steht, war leer. Wir versuchten unser Glück also am Straßenrand, doch die meisten Trotros waren voll oder meinten sie hätten Feierabend. So etwas hab ich ja noch nie erlebt. Der alte Mann der neben uns stand sagte, wir kriegen wohl kein Trotro mehr. Wir hielten ein Taxi an, überredeten den Fahrer uns nach Kosa zu fahren und nahmen den alten Mann, der auch in diese Richtung musste, gleich mit. Er wollte erst nicht mit, da er sich kein Drittel der Taxifahrt leisten konnte. Wir haben dann aber abgemacht, dass er den normalen Trotro-Preis bezahlt und wir den Rest. Die Fahrt war ganz schön teuer, aber als es plötzlich dunkel wurde, waren wir ganz froh in einem Taxi zu sitzen.
Im Kosa Beach Resort wartete schon Magda auf uns und wir haben direkt zu abend gegessen.
Ich hatte einen unglaublich leckeren Salat mit Artischocken, Oliven, getrockneten Tomaten, frischen Tomaten, Salatblättern und Balsamico Dressing! Dazu Pommes.
Am nächsten morgen waren wir überrascht von der Schönheit des Resorts. Es lag direkt am Meer! Man musste keine Stufe mehr gehen, die Wiese vor dem Restaurant ging direkt in den Strand über. Nach einem Müsli mit Früchten und einem Tee sind Magda und ich schwimmen gegangen und haben uns danach gesonnt. Tina ist in der Zeit nach Cape Coast  gefahren, um dort Souvenirs zu shoppen und zum Geldautomaten zu gehen. Mittags habe ich dann einen Strandspaziergang gemacht, denn wenn man rechts den Strand entlang geht, sieht man bis zum Horizont keine Stadt und kein Dorf. Ich hab mich auf Felsen gesetzt, an denen die Wellen hoch spritzen und habe in Wasserlöchern im Felsen Krebse und Fische beobachtet. Als ich zurück kehrte und mich auf meine Liege legte, kam direkt eine Frau mit Sohn an. Beide pflanzten sich zu mir auf die Liege. Die Frau war ganz witzig. Sie hat mich auf Twi zugetextet und meine Beine getätschelt. Dann hat sie meine Sonnencreme entdeckt und ihre Arme und meine Beine eingesprüht. Ich wollte eigentlich schlafen oder lesen, aber sie hat mich immer wieder wachgerüttelt, um mir irgendetwas auf Twi zu erzählen. Ich dachte mir, ich schaue mal wie weit meine Twi Kenntnisse ausreichen, um eine Konversation mit ihr zu führen. Wir haben darüber geredet wo ich wohne, wann ich wieder fahre, warum ich ihr kein Handy und auch kein Matzbier kaufe, warum ich kein Handy mehr benutze, dass sie keine Sonnencreme braucht mit ihrer dunklen Haut, ich mit meiner hellen aber schon, weil sonst wird sie rot und tut weh, und dass ich ihr meine Sonnencreme auch nicht schenke usw. Ich war tatsächlich überrascht, dass ich doch ein bisschen was verstehe und auch antworten kann. 



Nach einer Weile und nachdem ich zum 50sten mal gesagt habe, ich möchte gerne lesen, ist sie dann gegangen.
Nachmittags kam dann Hannah aus Kissi zu Besuch, wir haben Sandwichs gegessen und Kaffe getrunken und gequatscht. Auch Edith, Hannah deutsche Chefin war an dem Nachmittag in Kosa. Sie hat uns gesehen und sich dazu gesetzt. Ich fand es wirklich interessant Edith mal kennen zu lernen, aber vielleicht war es für Hannah nicht so toll, ihren freien Tag in der Woche mit ihrer Chefin zu verbringen.
Edith lebt seit vielen Jahren in Ghana und kommt jedes Jahr auch für ein paar Monate nach Deutschland. Sie hat die Baobab Foundation gegründet und aufgebaut. Und sie hatte viel zu erzählen, z.B. wie sie Augustina befreit haben. Augustina ist eine Schülerin der Baobab Schule. Mit 8 Jahren wurde sie als Hexe beschimpft und für den Tot ihres Vaters verantwortlich gemacht. Sie hat Epilepsie. Ihre Mutter hat sie einen Holzverschlag vor dem Haus eingesperrt und nur ihre ältere Schwester, die auch Epilepsie hat, hat ihr ab und an Essen gebracht. Nach 8 Jahren hat ein Junge, der früher Augustinas Spielkamerad war, Leute vom Baobab auf diese Familie aufmerksam gemacht. Der ghanaische Manager ist also zu der Familie gegangen und hat nach Augustina gefragt. Es wurde ihm erzählt, dass sie schon lang nicht mehr hier lebt, aber er hat Geräusche aus dem Holzverschlag gehört. Er hat also den Stein vor der Tür entfernt und hineingeschaut. Augustina hatte viele Knochenbrüche, u.a. am Oberschenkel und Oberarm, die schief zusammen gewachsen waren. Sie hatte lange verfilzte Haare und lange Nägel. Sie hatte sich ein Loch gebuddelt indem sie zusammen gerollt lag. Der Manager hat das Haus verlassen, Edith verständigt, das Radio und das Fernsehen informiert und kam mit all diesen Leuten zurück. Sie haben Augustina, die nur noch Haut und Knochen war, in ein Krankenhaus gebracht und dort behandelt. Danach kam sie für 9 Monate in eine Klinik, in der ihre Knochenbrüche gerichtet wurden. Heute lebt sie in einer Pflegefamilie vom Baobab.
Und auch eine andere Baobab Schülerin wurde als Hexe beschimpft. Als sie nach den Ferien nicht wiederkehrte, hat sich Edith informiert und herausgefunden, dass Patience eine Hexe sei. Man hat sie in ein Exorzismus Camp gebracht. Dort hat man ihr so sehr eingeredet, dass sie eine Hexe sei und das Brotgeschäft der Tante ruiniert habe, dass sie es selbst glaubte und zugab. In einer Exorzismuszeremonie wurde sie dann von Edith geholt. Sie setzte sich in die Kirche und schaute sich den „Gottesdienst“ an. Die Hexe steht dabei in der Mitte und alle Leute laufen um sie herum und beten und schlagen auf sie ein. In diesem Gottesdienst wurden auch drei kleine Mädchen zwischen 4 und 8 Jahren beschuldigt die Gebärmutter einer jungen Frau gestohlen zu haben. Man hat den Mädchen das eingeredet und darauf hin haben sie es während des „Gottesdienstes“ gestanden.
Vor der Kirche hat Edith Patience abgefangen und nach Kissi zurück gebracht.
In Ghana gibt es einige von diesem Exorzismuskirchen, man sieht viele Penticost Church –Schilder, u.a. das sind Kirchen in denen Exorzismus auf brutale Weise betrieben wird.
Am Abend haben uns Hannah und Edith verlassen, Magda, Tina und ich haben lecker gegessen und noch den ganzen Abend zusammen gesessen.
Sonntags sind wir sehr früh, um 6 Uhr, aufgestanden, um noch einmal an den Strand zu gehen. Wir haben gefrühstückt, wurden von einem Taxi abgeholt und für wenig Geld zur Kosa Junction gefahren worden. Von dort aus haben wir ein Trotro nach Cape Coast genommen. Im Baobab haben wir Gloria noch einen Besuch abgestattet und ich hab mir eine wunderschöne Lampe im Baobabshop gekauft! Um 11.30 Uhr sind wir an der MMTStation gewesen, eine Stunde später als geplant, und haben den Bus nach Kumasi gerade verpasst. Wir saßen also wieder einmal in einem leeren Bus und mussten noch eine ganze Weile warten bis er los fuhr. Trotzdem kamen wir noch im hellen in Kumasi an, sodass wir mit dem Trotro nach Hause fahren konnten.

Zu Hause habe ich direkt Alberta die Geschichte von Augustina und Patience erzählt.
Alberta, eine sehr moderne Ghanaerin die Miniröcke trägt und in Clubs geht, hat mir dann erzählt, dass die beiden ja durchaus Hexen sein könnten. Es gäbe nämlich Hexen, die nachts über die Häuser fliegen und sich zu ihren Zeremonien treffen. Aber dafür gibt es die Fetischpriester. Wenn die Hexen über dem Haus den Fetischpriesters fliegen, dann würden sie abstürtzen und durch einen Zauber vom Priester zu einem Tier mit Menschenkopf werden. Am nächsten morgen sehe man dann wer aus der Nachbarschaft eine Hexe, oder ein Hexenmeister, ist. Sie selbst habe mit 6 Jahren einen halb-Tier-halb-Mensch- Menschen gesehen.
Außerdem war in ihrer Kirche (Alberta geht auch zu einer dieser laut schreienden und grölenden Kirchen, bei denen die ganze Nachbarschaft mit den immer gleichen gegrölten Sätzen beschallt wird) ein Mann, der während des geschrieenen Gebetes rief, er brenne. Der Priester fragte wieso? Und der Mann erzählte, dass er Hexenmeister sei und nachts ein Kind gegessen hätte, um jemanden zu bestrafen. Dieses Kind hat er nicht wirklich gegessen, erklärte mir Alberta, er habe die Seele gegessen, aber ohne die Seele kann man nicht leben, deshalb ist das Kind jetzt tot. Auf jeden Fall musste dann die ganze Gemeinde ewig lang und laut für diesen Mann beten, damit Gott ihm vergibt, er in den Himmel kommt und nicht mehr Hexenmeister ist.