Beschreibung

Hallo,

mein Name ist Isabel Unger. Ich bin 19 Jahre alt und habe mich entschieden ab August 2012 für ein Jahr in Ghana zu leben. Mein Wohnort wird die große Stadt Kumasi sein, in der mich eine Gastfamilie aufnehmen wird. Vor Ort werde ich im Rahmen des EMC-Ghana Projektes an der Garden City Special School, einer Schule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, arbeiten.

Auf diesem Blog werde ich Berichte vom Leben und der Arbeit in Ghana, sowie Fotos hochladen.

Viel Spaß beim Lesen, eure Isa

Dienstag, 12. Februar 2013

Reisemonat Dezember – Teil 4


Nachts um vier Uhr haben wir uns, wieder zusammen mit den Holländern, auf den Weg nach Tamale gemacht. Um vier Uhr fährt nämlich der einzige MMT am Tag vom Mole Park Richtung Tamale. Zunächst waren wir die einzigen Menschen im Bus und ich habe mich gefreut und dachte vielleicht kann man sich tatsächlich mal ausbreiten und auf den Sitz legen und schlafen! Ich bin dann auch schnell eingeschlafen, obwohl ich so sehr gefroren habe, denn nachts ist es im Norden Ghanas durchaus kalt und außerdem waren alle Fenster im Bus offen. Als ich kurze Zeit später wieder aufwachte, war der Bus plötzlich voll und ich musste meine beschlagnahmten drei Plätze leider räumen. Bald schon waren alle Sitz- und Stehplätze belegt und man saß mal wieder gequetscht wie eine Flunder. Diese Fahrt war wie die Hinfahrt ein kleines Abenteuer, denn der rote Staub von den Straßen bließ durch den ganzen Bus. Die Ghanaer hatten sich ihre Stofftaschentücher um das Gesicht gebunden, sodass sie den ganzen Staub nicht einatmeten und wir taten es ihnen gleich. Zudem waren wir eh schon sehr vermummt mit Pulli und Schal um den Kopf, um uns vor der Kälte zu schützen.
Auf halber Strecke musste ich plötzlich ganz dringend mal pinkeln und wurde von Minute zu Minute verzweifelter. Plötzlich hielten wir in einem kleinen Dorf um irgendjemanden raus zu lassen und als auch andere aufstanden um sich kurz zu entledigen, dachte ich mir, nutze ich die Chance. Ich bin auf die nächst beste Dorffrau zu gerannt und habe gefragt wo ich denn wohl hinpinkeln könnte. Sie hat mir ein Korbgeflecht gezeigt. Dieses Geflecht war so etwas wie die Dorftoilette. Es war hüfthoch und in einem Halbkreis aufgestellt. Der Boden, der von Kot und Urin voll gesogen war, war mit etwas Stroh bedeckt. Dies war übrigens die Frauentoilette. Ungeschickter Weise war die Männertoilette, eine ein Meter hohe Mauer, direkt hinter der Öffnung zur Frauentoilette gebaut worden, sodass jeder der grad gegen die Wand pinkelt, den entblößten Hintern der Frau im Korbgeflecht bewundern kann.
Das war mir in diesem Moment jedoch egal und nachdem sich eine Frau ganz dreist vorgedrängelt hat, habe ich die zweite die sich vordrängeln wollte, zur Seite gedrängt und bin ins Korbgeflecht gehuscht.
In Tamale angekommen, waren unsere Stofftaschentücher Rot, unsere Kleidung auch und die krausen Haare der Ghanaer erst recht. Auch dort haben wir, während wir auf den MMT Bus nach Kumasi gewartet haben, eine neue Art öffentlicher Toilette kennen gelernt. Zuerst hat sich Tina auf die Suche nach einer Toilette gemacht. Ein junger Mann war ihr netterweise dabei behilflich. Er hat sie aber leider auf das Toiletklo geführt, was 50 Pesewas kostet. Während Tina unterwegs war, wurde ich von einem Mann angesprochen. Er wollte unbedingt mit mir über die Bibel sprechen, hat mich angefahren, warum ich ihm denn jetzt grad kein Bibelvers zitieren kann und was für ein Mensch bin. Daraufhin hat er seine Bibel geholt und mir eine Predigt gehalten. Ich habe ihm mit all meiner Gestik und Mimik versucht klar zu machen, dass ich darauf gar keine Lust habe. (Man muss bedenken, dass wir gerade auf dem Weg ins Kloster waren, um einfach mal Abstand von Menschen und Lärm zu bekommen.) Er hat es wohl verstanden und mir gesagt, ich solle ihm doch bitte einfach sagen, wenn er gehen soll. Ich sagte also: Gut. Bitte geh! Dass ich das tatsächlich ausgesprochen habe fand er dann aber so empörend, dass er sich noch zwei Minuten aufregen musste. Gegangen ist er dann aber trotzdem nicht, sondern hat einfach nur das Thema gewechselt. Endlich kam Tina wieder und ich konnte mich auf die Toilettensuche begeben. Ich habe nach Tinas angewidertem Gesichtsausdruck beschlossen eine andere Toilette, als sie benutzt hat, zu suchen. Wenn es ein Toiletklo gab, musste es bestimmt auch ein Urinalklo geben. An dieser Stelle muss ich erklären, dass die Klos für Kot und Urin fast immer getrennt sind. Das Urinalklo war auch gar nicht schwer zu finden und hat nur 10 Pesewas gekostet. Diese Öffentliche Toilette war wie ein kleines Haus ohne Dach, dessen Mauern mir ungefähr bis zu den Schultern reichten. Der Raum war in verschiedene Kabinen ohne Tür aufgeteilt. Es gibt keinen Toilettensitz und auch kein Loch im Boden, aber der Boden in den Kabinen ist ganz leicht abgesengt, sodass der Urin zu einem kleinen Loch in der Wand fließt. Das Toiletklo ist genauso aufgebaut. Kein Wunder, dass Tinas Blick so angewidert war.
Der Mann, der mir die Predigt gehalten hat, kam uns zunehmend verrückter vor und daher waren wir auch zunehmend netter und verständnisvoller mit ihm. Er saß dann auch im Bus nach Kumasi vor uns und hat uns und alle um uns herum verrückte Dinge erzählt. Nach einer langen Busfahrt wurden wir in Tano Buase raus gelassen und haben von dort aus ein Taxi nach Kristo Buase zum Kloster genommen. Zum Kloster fuhr man von der großen Straße ab und einen endlos lagen Weg durch ein Wäldchen mit Macadamiabäumen. Allein dieser Weg hat schon eine solche Ruhe ausgestrahlt, dass wir uns tierisch auf die nächsten Tage im Kloster gefreut haben. Als wir von Bruder Gabriel empfangen wurden, hat uns dieser leider mitgeteilt, dass nur für eine Nacht noch Zimmer frei seien und wir morgen das Kloster verlassen müssten. Schade, aber wir hatten uns ja auch nicht vorher angemeldet, wir hatten keine Telefonnummer. Den restlichen Nachmittag haben wir auf der Terrasse verbracht, haben heiße Schokolade getrunken, die man sich selbstständig in der Küche machen konnte, und haben den Blick auf den Klostergarten genossen. Dieser Garten ist riesig, verschlungen und wunderschön! Das Kloster liegt mitten in einer Region, in der verrückt aussehende, riesige Steinfelsen aus dem Boden ragen. Dazwischen wachsen Mango- und Sternfruchtbäume und die schönsten Blumen.
Der Tagesablauf im Kloster ist sehr streng und um Punkt 18.30 Uhr mussten wir zum Abendessen erscheinen. Wir durften zusammen mit den Mönchen essen. Die Mahlzeit nimmt man im Schweigen ein, während jemand vorliest oder Musik gespielt wird. Die Bücher aus denen gelesen wird, sind Bücher die von der Kolonialzeit berichten, Sachbücher über bestimmte Themen z.B. das Chanting oder Reiseromane. Vor dem Essen stellt man sich hinter seinen Stuhl und es wird gebetet. Ebenso nach dem Essen. In den wenigen Minuten dazwischen, nimmt man sich das Essen aus Schalen, die in der Tischmitte stehen. Der ranghöchste Mönch darf als erster zugreifen und die Gäste als letzte. Dann verschlingt man in gefühlten zwei Minuten seine Mahlzeit (ich habe noch nie Menschen so schnell essen sehen wie diese Mönche!) und sobald der Teller leer ist, wird er auch schon abgeräumt. Danach haben wir alle zusammen gespühlt. Das Essen im Kloster ist ganz lecker, nur leider nicht vegetarisch, was ich natürlich niemandem vorwerfen möchte.
An diesem Abend sind wir schon sehr früh auf unsere Einzellzimmer mit Dusche verschwunden und haben geschlafen, das lag zum einen an der Erschöpfung von der Reise und zum anderen daran, dass um 19.30 Bettruhe im Kloster herrscht.
Am nächsten Morgen sind wir schließlich auch früh aufgestanden, um pünktlich um 6 Uhr beim Morgengebet zu sein. Das Morgengebet besteht aus einem halbstündigen Chanten. Chanten kannte ich bisher ehrlich gesagt nur aus den indischen Ashrams, aber auch in der katholischen Kirche wird es praktiziert. Man liest Bibelverse in einem sich immer wiederholenden Singsang. Das hörte sich für mich am Anfang irgendwie gruselig an, was wohl an den ganzen Krimis und Horrorfilmen liegt, die in katholischen Kirchen spielen. Mit der Zeit habe ich wirklich gefallen am Chanten gefunden.
Um sieben Uhr haben wir an einem einstündigen Gottesdienst teilgenommen. Danach gab es Frühstück. In den folgenden Stunden haben die Mönche die Bibel und andere Literatur studiert und sind ihren alltäglichen Aufgaben, wie z.B. gärtnern, nachgekommen. In dieser Zeit habe ich einen Spaziergang durch den Garten gemacht, bin auf den bis zu 30 m hohen Felsen herumgelaufen und habe dort gelesen. Nach dem Mittagessen mussten wir leider weiter ziehen, denn die neuen Gäste wurden erwartet.