Beschreibung

Hallo,

mein Name ist Isabel Unger. Ich bin 19 Jahre alt und habe mich entschieden ab August 2012 für ein Jahr in Ghana zu leben. Mein Wohnort wird die große Stadt Kumasi sein, in der mich eine Gastfamilie aufnehmen wird. Vor Ort werde ich im Rahmen des EMC-Ghana Projektes an der Garden City Special School, einer Schule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, arbeiten.

Auf diesem Blog werde ich Berichte vom Leben und der Arbeit in Ghana, sowie Fotos hochladen.

Viel Spaß beim Lesen, eure Isa

Donnerstag, 13. Dezember 2012

13.12.12: Das erste Term ist rum. So schnell ging das.


(Das Internet ist im Moment zu langsam, deshalb werden Fotos zu diesem Blogeintrag erst später hochgeladen. Ich bin jetzt erst einmal auf Reisen, deshalb müsst ihr euch ein wenig gedulden, tut mir Leid.)

Das erste Term haben wir mit zwei Weihnachtspartys beendet.
Die erste Party am Mittwoch, wurde von der Schule organisiert. Es wurden Pavillons und eine Musikanlage aufgebaut und wichtige Menschen eingeladen. Diese haben viele Reden gehalten, zwischendurch durften die Kinder immer wieder kurz tanzen, jedoch wurden sie nach einem halben Lied schon wieder auf ihre Plätze geschickt und es wurden weiter Reden gehalten. Zum Schluss gab es für jeden Reis mit einem Fleischstück und die Party war zu Ende. Im Grunde war es also eine überhaupt nicht kindgerechte oder weihnachtliche Veranstaltung.
Die zweite Weihnachtsparty einen Tag später war ähnlich. Sie wurde allerdings von einer sehr reichen Frau organisiert, auf dessen Vaters pompöser Beerdigung ich vor ein oder zwei Monaten war. Ich habe davon in einem Blogeintrag berichtet. Ebenso pompös war auch diese Party. Die Dekoration an den Pavillons war noch glitzernder und die eingeladenen Leute noch wichtiger. Es gab einen Moderator, und Kellner, die Wasser, Malzbier, Cola, Kuchen und Süßigkeiten, servierten. Es gab ein Fernsehteam, was das ganze Spektakel gefilmt hat, und zum Schluss gab es ein Buffet! Bevor wir essen konnten wurden allerdings drei Stunden lang Reden gehalten, was mal wieder gar nichts für die Kinder war! Auch Tina und ich mussten kurz nach vorne und von unseren Erfahrungen in Ghana erzählen. Zwischendurch hat der Schulchor gesungen, was mich immer sehr freut, und die Tanzgruppe hat etwas vorgetanzt. Es gab auch einen Asonto-Tanzwettbewerb, bei dem die Kinder jedoch nicht freiwillig antraten. Auch die Art wie die „schlechteren“ Kinder nach jeder Runde rausgeworfen wurde, fand ich sehr fragwürdig. Ich persönlich hätte es viel schöner gefunden, wenn alle Kinder einfach hätten tanzen können, denn alle anderen Kinder wollten auch aufstehen und tanzen, wurden aber von den Lehrern aufgehalten. Generell hätte ich es gut gefunden, wäre die Zeit der Reden von 3 Stunden auf vielleicht eine halbe Stunde gekürzt worden, sodass die Kinder dann einfach noch hätten tanzen können. Sie haben alle so extrem viel Spaß beim tanzen und ihr Rhythmusgefühl ist unglaublich! Auch diese Veranstaltung war leider alles andere als weihnachtlich. Am nächsten Tag stellte sich enttäuschenderweise herraus, dass einige Lehrer, die Getränke und das Essen, was die Kinder bekommen haben, heimlich in die eigenen Taschen gesteckt haben. Die Schulleiterin hat in einer beeindruckenden Rede deutlich gemacht, wie beschämend dieses Verhalten doch ist! Da bekommen die Kinder einmal im Jahr soetwas tolles wie Cola oder Malzbier zu trinken, da klauen die Lehrer den Kindern einfach ihre Getränke!! Wie kann man nur so sein?! Das sind so unglaublich tolle Kinder, die es verdient haben einmal im Jahr ein Geschenk wie eine Cola zu bekommen! Das frustrierendste war, dass als die Headmisstress wütend den Raum verlassen hatte, alle anfingen zu lachen. Unglaublich...

Generell kann ich sagen, dass das erste Term sehr erfolgreich war. Nach einer gewissen Eingewöhnungszeit, haben Tina und ich alles gegeben um unsere Aufgabe als Volunteer gut zu erfüllen.

In den letzten zwei Wochen haben wir nachmittags in kleinen Gruppen von 6-8 Kindern Weihnachtssterne gebastelt. Die Kinder haben sich riesig gefreut, denn nachmittags passiert hier auf dem Schulgelände nicht mehr viel. Bei diesen Nachmittagsaktionen können wir auch mal Kinder, die nicht in der Sprach- oder Physiotherapie sind, mitnehmen, denn viele sind traurig, dass sie nicht mit uns arbeiten dürfen. Den meisten Kindern hat das basteln sehr viel Spaß gemacht, denn so etwas tun sie hier nicht oft, und sie waren sehr stolz auf ihre Sterne. Wir haben die ganzen Sterne zum Abschied ausgeteilt, den Kindern, die bei der Bastelaktion nicht mitmachen konnten, haben wir Sterne gebastelt. Dazu hat jedes Kind ein Milchbonbon gekommen. Solche Bastelaktionen wollen wir auch im nächsten Jahr weiterführen. 


In meiner Klasse haben wir einen ganzen Tag lang, Weihnachtskarten gebastelt. Die Kinder haben mit verschiedenen Schablonen Tannenbäume, Sternschnuppen oder Engel gezeichnet, die sie dann mit Buntstiften, Wasserfarben oder Wachsmalern ausgemalt haben.

Wir werden nun auch einmal die Woche in der Klasse Kunstunterricht machen, den ich nach meinem eigenen Unterrichtsplan unterrichte. Ich konnte Mr. Gyan von einer wöchentlichen Kunststunde überzeugen, bei der die Kinder nicht bloß etwas malen, sondern auch etwas Allgemeinbildung erlangen sollen. In unserer ersten Stunde haben wir z.B. alle zusammen ein großes Plakat, auf dem ich die Karte der Erde gezeichnet habe, mit Wasserfarben angemalt. Die Kinder haben dabei nicht nur ihre Feinmotorik trainiert, sie haben auch die Kontinente kennen gelernt und erfahren, dass es durchaus noch andere Länder außer Ghana, USA und UK gibt.

Gifty, mit der ich täglich physiotherapeutische Übungen mache, kann ihre Hand mittlerweile an guten Tagen soweit öffnen, dass man mit ihr zur Begrüßung die Hand schütteln kann. Und das schon vor den Übungen! Ich habe ihr für die Ferien ein Heft mitgegeben, in dem ich alle Sprachübungen und die Massagetechnik beschrieben und bebildert habe. Ich hoffe sehr, dass jemand diese Übungen mit ihr zu Hause macht, sonst wird sie in den nächsten drei Wochen wieder riesige Rückschritte machen.

Yaw mit dem ich die Sprachübungen mache, die Tina (Logopädin) uns gezeigt hat, hat auch schon Fortschritte gemacht. Er weiß bei immer mehr Buchstaben, wie er die Lippen zu beweben hat, um den entsprechenden Ton zu erzeugen. Dadurch hören sich die Buchstaben nicht mehr alle gleich an. Außerdem kann er, wenn er sich gut konzentriert, mittlerweile „fa, fe, fi, fo, fu“ sagen, und nicht mehr „f-ta, f-te, f-ti, …“. Mr. Gyan hat uns übrigens erlaubt nun zweimal die Woche für zwanzig Minuten in die Turnhalle zu gehen, um die Sprachübungen zu machen. Denn da ich im Moment fast immer unterrichte, hatte ich kaum noch Zeit für die Einzellförderung. Am Anfang konnte ich, wenn ein Kind seine Aufgabe schon fertig hatte, die Einzellförderung mit ihm machen, während der jenige, der gerade unterrichtete nach den anderen Kindern und ihren Aufgaben schaute.

Auch bei Ataa, macht sich dieses Problem bemerkbar. Ich habe am Anfang öfter mit ihr arbeiten können, damit sie nicht mehr spiegelverkehrt schreibt. Bei den Arbeitsblättern, die ich ihr vorbereite, muss man die ganze Zeit daneben sitzen und sie erinnern den Pfeilen zu folgen. Da ich jetzt meistens unterrichte habe ich dafür keine Zeit mehr. Trotzdem haben wir in der ersten Zeit etwas erreicht, Ataa kann nun sicher das E und K schreiben. Im nächsten Halbjahr werde ich Mr. Gyan noch einmal fragen, ob ich nicht auch mit Ataa einmal wöchentlich in die Turnhalle gehen darf.

Mit Nana mache ich seit zwei Wochen jeden Dienstag Konzentrationsübungen in der Turnhalle. Wir puzzlen viel und spielen Memory, was ich ihm gebastelt habe und was aus seinen Lieblingsworten besteht, z.B. Fan Ice, Security, Fire und Power. Außerdem möchte ich ihm lesen und schreiben beibringen. Dafür habe ich ihm nun ein Buch angelegt, in dem er außerdem lernt in den Linien zu schreiben, darauf legt Mr. Gyan besonders wert.

Isaac, dem ich versuche seinen Namen beizubringen, kann mittlerweile das I und S ohne Hilfe abschreiben. Wenn man bedenkt, dass er anfangs, wenn er etwas abschreiben sollte, nur Kringel gemalt hat, ist das ein guter Fortschritt. Außerdem arbeite ich mit ihm daran ein Basis Englisch Vokabular aufzubauen. Wir beschränken uns allerdings erst einmal auf die Worte, die er am nötigsten in seinem Alltagsleben braucht. Die sechs Vokabeln zum Feld „Essen“ kann er bereits alle und wir vertiefen sie mit einem Memory-Spiel, was ich ihm gebastelt habe.

Bei Ivette, deren Füße und Beine ich massiere und mit der ich laufen übe, weiß ich mittlerweile was ich sagen muss, um sie zu motivieren mitzuarbeiten. Man merkt, dass sie nun viel mehr Spaß an der Therapie hat.

Die Arbeit hier macht mir sehr, sehr viel Spaß und trägt Früchte, was das wichtigste ist.
Die Kinder sind einfach klasse und ich merke schon wie ich sie vermisse, nur weil wir uns während der drei Wochen  Weihnachtsferien nicht sehen. Der Abschied nach den 12 Monaten wird mit Sicherheit herzzerreißend sein…

Dienstag, 4. Dezember 2012

2.12.12: Advent, Advent ein Lichtlein brennt


Heute haben wir den ersten Advent. Ich glaube ich habe den ersten Advent noch nie so zelebriert wie hier. Aber man vermisst ja bekanntlich immer das was man grad nicht hat. Ich habe mir einen Adventskranz gebastelt, der uns von nun an auch auf den Reisen begleiten wird. Außerdem haben Tina und ich für unsere Familien und für meine Klasse einen Adventskalender gebastelt.
Morgens früh bin ich schon zu Tina nach Krappa gefahren, denn wir wollten ein Adventsessen für ihre Familie kochen. Es hab Nudelauflauf, der nicht im Backofen sondern auf dem Herd zubereitet wurde. Neben Nudeln beinhaltete der Auflauf Kuntumre (das ist wie Spinat), Möhren, Tomaten und Dosenpilze und war mit Käse mehr schlecht als recht überbacken. Die Soße haben wir auf der Grundlage einer Mehlschwitze mit Milch, Sahne, Tomatenmark, Zwiebeln und grüner Paprika gemacht und sie war verdammt lecker! Grace, Tinas Gastmutter, hat jedoch in den Topf geschaut, als ob sie gleich brechen müsste :D. Wir haben dann auch nicht, wie erwartet, zusammen gegessen, sondern Tina und ich sollten schon einmal anfangen, weil alle noch beschäftigt waren, während ihr Essen kalt wurde. Der Vater wollte eh lieber vor dem Fernseher essen und Tinas Bruder musste noch zwei Hühner schlachten. Grace meinte jedoch hinterher, dass ihr das Essen geschmeckt hätte, sehr höflich ;). Tina und mir hat es auf jeden Fall sehr gut geschmeckt!
In strömendem Regen bin ich, nachdem wir die Küche aufgeräumt hatten, nach Hause gefahren. Eine ganze Weile kam kein Trotro nach Kumasi, da Trotros normalerweise nur losfahren, wenn sie voll sind, und bei Regen geht kaum ein Ghanaer aus dem Haus, deshalb werden auch die Trotros auch nicht voll. Ein Glück macht die eine Partei NPP, der zwei großen Parteien in Ghana, gerade eine Kampagne bei der sie Busse, die die Leute umsonst mitnehmen, herum fahren lassen. So ein Bus hat mich dann aufgesammelt. Im Bus hatte ich leider erst einmal eine ziemlich blöde Begegnung mit einem betrunkenen Kerl, aber gleich darauf hatte ich eine total nette Unterhaltung mit einer jungen Frau und einem älteren Mann. Wir haben über die Politik in Ghana gesprochen! In diesem Moment ist mir aufgefallen, dass ich schon ewig niemanden mehr getroffen habe und mit ihm über etwas anderes geredet habe als: woher ich komme, ob ich Twi spreche, ob ich sie/ihn nach Deutschland mitnehme und ob ich ihr/ihm was kaufe. Es war ein super angenehmes Gespräch, denn es wurde nicht mal damit eingeleitet woher ich denn komme oder ähnliches. Zum ersten Mal haben mir meine Gesprächspartner nicht das Gefühl gegeben, dass ich anders bin als sie.
Als ich dann zu Hause ankam und das mitgebrachte Essen in meiner Brotbox auftischte, haben alle zunächst angewidert dreingeschaut. Abena hat eine Nudel probiert und sie direkt wieder ausgespuckt. Alberta hat nur eine Löffelspitze von der Soße probiert und hat angeekelt aufgeschrieen und mit den Händen gewackelt. Charles und Joshua meinten man könnte es durchaus essen, wollten jedoch auch nicht mehr haben. Ein Freund von Charles, der zu Besuch war, hat es probiert und fand unser Essen tatsächlich lecker und hat gleich ein paar Bissen mehr genommen. Trotzdem ist sehr viel von dem mitgebrachten Essen übrig geblieben. Umso besser dann bleibt mehr für mich ;).
Ich muss sagen, ich hatte einen sehr schönen ersten Advent in Ghana!

                                                     unser Adventsessen:)
                                                    in meinem Zimmer
                                                    mein Adventskranz
                                         der Adventskalender der Familie...
                                           ...und der der Klasse

                                         Ich bring hier schon noch Weihnachtsstimmung in die Bude!!

29.11.12: Winneba und Accra







                                            haha!
                                         die Engelchen backen auch in Winneba Plätzchen

Letztes Wochenende waren Tina und ich wieder verreist. Wir sind schon Donnerstagmorgen aufgebrochen um an die Küste zu fahren. Unsere Koordinatorin hat uns von der Schule freistellen lassen, denn wir hatten Freitag ein Treffen mit ihr und sollten Donnerstag schon vor Einbruch der Dunkelheit in oder in der Nähe von Accra sein. Wir sind also nach Winneba gefahren, denn dort konnten wir Magda und Franzi besuchen und umsonst bei ihnen wohnen. Begrüßt wurden wir von Magdas Gastoma mit einem unglaublich guten Yollofrice mit Tofu. Danach waren wir noch am Strand, haben uns den Sonnenuntergang angeschaut und waren noch kurz was trinken. Wir wollten jedoch früh ins Bett, denn am nächsten Tag mussten wir schon um 6 Uhr nach Accra aufbrechen. Dort hatten wir dann morgens das Treffen bei Frau Kwadade, unserer Koordinatorin. Nach zwei Stunden in denen wir über unsere Arbeit an den Schulen und über das Leben in dem Familien gesprochen haben, servierte die gute Frau Kwadade uns die leckerste Erdnusssuppe mit einem Reisball und Okro und Gardenegg (Gemüsesorten). Ein Festmal! Doch es kam noch besser. Als wir uns dann später nach einer endlos langen Trotrofahrt, denn in Accra war überall Stau, mit Franzi in der Stadt getroffen haben, hat sie uns zu einer Eisdiele geführt, die sie entdeckt hatte. Es gab dort echtes italienisches Eis und richtigen Kaffe! Da haben wir erst mal zugeschlagen, obwohl wir noch voll vom Mittagessen waren. Der Verdauungsspaziergang zum Freiheitsbogen hat uns sehr gut getan und dabei hatten wir sogar einen Blick aufs Meer. Zum Abschluss des Tages in Accra sind wir noch zu einem Kunstmarkt, der natürlich fast ausschließlich für Touristen gedacht und völlig überteuert ist, gelaufen. Ich habe eine wunderschöne Holzmaske und eine Hüftkette, wie sie hier alle Frauen tragen, gekauft. Als wir den Markt verlassen haben war es schon dunkel. An der nächsten Trotrostation mussten wir dann eine ganze Weile warten, aber letztendlich sind wir doch noch zur Trotrostation gekommen, von der aus man nach Winneba fahren kann. Es war ein sehr schöner Tag, an dem wir sehr, sehr gut gegessen haben! Am nächsten Tag wollten wir mal bis 9 Uhr ausschlafen, hat leider nicht geklappt, weil um 6 Uhr unbedingt jemand an die Tür klopfen musste bis Magda aufgemacht hat und ihren Adapter ausgeliehen hat. Ab dann wurde im Nebenzimmer total laut Musik gehört, während überall Türen geknallt und Kinder gerufen wurden. So ist das hier aber nun mal, hier schläft man nicht länger als bis 6 Uhr. In meiner Familie habe ich auch noch nie länger geschlafen.
Nach dem Frühstück sind wir zur Lagune gelaufen. Das ist ja so ein schöner Ort! Man ist am Meer, hat aber auch ganz ruhiges Wasser von der Lagune, man liegt unter Palmen und kann weiße Vögelschwärme beobachten, die über der Lagune kreisen. Und weit und breit ist keine Menschenseele! Wir haben den ganzen Tag im Paradies verbracht, Muscheln gesammelt, gebadet, gelesen und gequatscht. Nach dem Tag am Meer waren wir ziemlich geschafft von der Sonne (und verdammt sandig waren wir auch) und wollten schon früh ins Bett. Vorher wollten wir uns jedoch gerne duschen um uns zu entsanden und entschweißen. Leider hat das Wasser in Winneba mal wieder nicht funktioniert, weshalb wir dreckig wie wir waren ins Bett gegangen sind. Und auch am nächsten morgen hatten wir kein fließend Wasser. Nach dem Frühstück sind wir also auch dreckig mit dem Trotro zurück nach Kumasi gefahren und konnten dort duschen gehen. Es war ein unglaublich schönes Wochenende, an dem wir schöne Orte gesehen, super lecker gegessen und viel Spaß gehabt haben!


Dienstag, 20. November 2012

20.11.12:


Bilanz des heutigen Tages (wir waren kurz in der Stadt):

- 1 mal wurde ich feste an den Haaren gezogen
- 1 mal wurde mir direkt ins Gesicht gefasst
- 9 mal wurde ich feste am Arm gezogen
- 5 mal habe ich ein penetranten Heiratsantrag bekommen
- 2 mal wurde ich aufgefordert mein Essen abzugeben (nicht von Leuten, die sich nicht selbst Essen kaufen könnten, ich habe es trotzdem geteilt)
- 1 mal wurde ich aufgefordert einer Frau Kekse zu kaufen
- 2 mal wurde ich aufgefordert Geld zu geben (von Leuten in schicken Trikots und mit guten Fußballschuhen, die es offensichtlich nicht nötig hätten)
- 1000 mal habe ich das Wort Obrouni gehört
- und ein bestimmt 80jähriger Mann hätte doch gerne Sex mit mir

Und all das kam von Erwachsenen, nicht etwa von Kindern.

Samstag, 17. November 2012

12.11.12: Nkoranza – ein Besuch bei Jan und Julia in der Hand-In-Hand Community



Am letzten Wochenende sind wir nach Nkoranza gefahren. Freitag nach der Schule haben wir Magda in Kumasi getroffen, die sich bereits am morgen in Winneba auf den Weg gemacht hat. Nach dreistündiger Fahrt Richtung Norden sind wir in Nkoranza angekommen und haben ein Taxi zum Gelände der Hand-In-Hand Community genommen. Dort wurden wir von Jan und Julia, zwei Volunteers von bezev, begrüßt. Wir waren in einem kleinen Guesthouse auf dem Gelände untergebracht. Es war ein schönes kleines Zimmer, indem wir (ausnahmsweise) zu dritt in einem Riesigen Doppelbett geschlafen haben. Das Bad, bzw. Toilette und Dusche waren außerhalb des Bungalows mit einer ca. 1,60 m hohen Mauer vom restlichen Gelände abgegrenzt. So eine Freilichtdusche finde ich super, denn man kann duschen während einem die Morgensonne ins Gesicht scheint.
Nachdem wir das Zimmer bezogen hatten, sind wir alle zusammen in die kleine Stadt Nkoranza gelaufen, um etwas zu Abend zu essen. Dabei begleitete uns auch Johanna, die dritte deutsche Freiwillige im Projekt. Ich kaufte mir am Straßenrad ein Brot mit Spiegelei, die anderen nahmen Reis. Zurück auf dem Projektgelände haben wir es uns im Volunteer-Bereich bequem gemacht und bis spät in die Nacht geredet. Die Freiwilligen haben in der Community nämlich ihren eigenen Bereich, mit Bungalows, einer Küche, Toilette und Freilichtdusche, einem Aufenthaltsraum drinnen und einer Sitzecke draußen.
Da wir für meine Verhältnisse sehr spät ins Bett gegangen sind, um 1 Uhr (sonst schlafe ich hier zwischen 19 und 20 Uhr schon), haben wir am nächsten morgen mal so richtig ausgeschlafen! Erst nach 9 Uhr sind wir langsam aufgestanden und haben geduscht. Julia hat uns zum frühstück angeholt, Johanna und Jan haben noch geschlafen. Wir haben leckeren Kaffee gekocht und Brot mit Marmelade gegessen.

Mittags haben Jan und Julia uns dann über das Projektgelände geführt. Es ist riesig. Es gibt einige Häuser, in denen die Menschen mit Behinderung in Gruppen zu sechst mit je einem Betreuer wohnen. Hauptsächlich leben hier Kinder, die im Projekt umsorgt und gefördert werden, aber außerhalb zur Schule gehen. Außerdem gibt es für die Menschen auf dem Gelände einen Disko-Pavillon, einen Spiele-Pavillon, ein Fernseh-Haus, ein Mittagsschlaf-Haus, eine Sommerschule, eine Essecke, einen Kinderpool und einen Spielplatz. Es gibt auch einen Snoozel-Raum, einen Raum der besonders für schwer-mehrfach behinderte Kinder interessant ist. Dort gibt es eine Sitzkissenschaukel, über der Bälle baumeln, Matratzen über denen Lichterketten hängen, und Bilder, auf denen man verschiedene Materialien ertasten kann.
Die älteren Bewohner arbeiten in den Werkstätten und weben, nähen oder stellen Perlenketten her. Es gibt auch einen Perlenbrennofen, in dem aus alten Glasflaschen Perlen  hergestellt werden. An einem Tisch für autistische Kinder, werden Partygirlanden gebastelt. Die hergestellten Ketten, Taschen und Geldbeutel werden in einem Shop auf dem Gelände, aber auch über Bestellung im Internet verkauft.
Für die Touristen gibt es einige Gästehäuser, kleine Bungalows sowie unserer, und ein Restaurant.
Das Gelände ist sehr weitläufig und sehr grün. In einem kleinen natürlichen Felsgarten am Rande des Geländes wurden ein Altar und Sitzbänke aufgebaut, um hier immer sonntags einen kleinen Gottesdienst abzuhalten.

Nachmittags sind wir zum Markt in Nkoranza gelaufen, wo wir für unser Abendessen einkauften. Dort war es fast entspannt über den Markt zu laufen. Es war nicht sehr voll und die Menschen haben uns angelächelt. Wenn wir Twi mit ihnen geredet haben, haben sie sich total gefreut. Wir wurden nicht ein Mal am Arm oder an den Haaren gezogen und es wurde nicht penetrant „ Weiße komm!“ gebrüllt. Auch auf dem Rückweg wurde nicht ein Mal „Weiße“ gerufen. Durch Nkoranza zu laufen war wirklich so was von angenehm. Tina und ich haben noch eine nette Begegnung mit einem Jungen, der ca. 9 Jahre alt war, gemacht. Er ist die ganze Zeit schweigend, aber lächelnd, mit seinem Fahrrad hinter uns her gelaufen und wenn wir stehen geblieben sind um ein Foto zu machen, ist er auch stehen geblieben und hat uns aufmerksam angeschaut. Als wir ihm Fragen gestellt haben, hat er diese schüchtern lächelnd beantwortet und als ich fragte, ob ich ihn fotografieren dürfte, hat er sich gefreut. Die meisten Kinder wollen ständig fotografiert werden. Er ist uns bis zur Community gefolgt und wurde dort von dem Securitymann weg geschickt. Wir haben uns von ihm verabschiedet und er hat noch einen Keks bekommen, von den leckeren Keksen, die wir eben gekauft hatten.
Eine sehr sympathische und unaufdringliche Begegnung war das.
Abends haben wir dann zusammen gekocht: Kuntumre, das sind große grüne Blätter, die man kocht und die dann ähnlich wie Spinat schmecken, mit Zwiebeln und Knoblauch und frittierte Yam, die etwas bitterer und trockener als Kartoffel schmeckt. Dazu gab es Spiegelei und Ketchup. Im Grunde haben wir aus ghanaischen Zutaten Spinat, Pommes und Spiegelei gekocht. Hat ziemlich gut geschmeckt! Nach dem Essen haben wir noch zusammen gesessen und geredet, bis müde und voll gefuttert ins Bett gefallen sind. Nachdem wir am Sonntag wieder ausgeschlafen und dann ausgiebig gefrühstückt haben, sind wir aufgebrochen zurück nach Kumasi. Magda hat noch eine Nacht bei mir geschlafen und sich am Montagmorgen die Garden City Special School angeschaut, bevor sie sich auf den sechsstündigen Heimweg nach Winneba gemacht hat.
Es war ein ziemlich schönes und vor allem ganz entspanntes Wochenende!

Hier ist der Link zur Internetseite von der Hand-In-Hand Community. Dort findet man schöne Videos aus dem Projekt und kann sich die Produkte anschauen:
http://www.operationhandinhand.nl/engels.htm

                                          der Volunteers-Bereich

                                          die Webwerkstatt
                                          der Perlenbrennofen
                                          der Snoozel-Raum
                                          ein sehr deutscher Spielplatz
                                          die Kirche

                                          unser neuer Freund

                                          auf dem Rückweg in einem sehr geräumigen Trotro

6.11.12: ein winziges Baby


Heute morgen als ich am Haus meiner Nachbarin vorbei lief, rief mich Abena, die dort stand, zu sich. Die Nachbarin hat nämlich ein Baby bekommen, was sie mir direkt zeigen wollte. Sie bat mich in ihr kleines Haus, was im Grunde ein kleiner Container ist. Dort gab es nur ein großes Bett und zwei Koffer als Kleiderschrank für eine nun siebenköpfige Familie. Junior, der nun schon 4 Tage alt ist, lag in einem kleinen Laken eingewickelt auf dem Bett. Die Mutter hat ihn mir direkt auf den Arm gelegt. Ein so winziges Baby habe ich noch nie gesehen. Junior war eigentlich ein Zwilling, aber seine Schwester ist leider bei der Geburt gestorben. Meine Nachbarin, mit der ich mich, da sie kein englisch spricht, nur mit gebrochen Twi und Gesten unterhalten kann, lud mich ein, abends vorbei zu kommen und beim Waschen des Babys zu zuschauen. Diese nette Einladung habe ich natürlich dankend angenommen. Das Baby wird beim Waschen auf die Schienbeine der Mutter gelegt, die diese werden wiederum auf eine Waschschüssel legt. Warmes Wasser wird durch ein Loch in einer alten Tomatenmarkdose auf den Kopf und auf den Nabel des Kindes geträufelt. Danach wird das Baby mit einem harten Netzschwamm, den hier jeder benutzt, abgewaschen. Dabei hatte ich für einen Moment Sorge um die dünne Papierhaut des Kleinen, die teilweise Falten wirft, als wäre er ein alter Mann. Nachdem Waschen wurde Junior gepudert, wieder in sein Laken eingewickelt und ich bin dankbar für diese Erfahrung zurück in unser Haus gegangen.

3.11.12: Markttag


Heute waren wir auf dem Markt. In Kumasi gibt es einen riesigen Markt, irgendwo habe ich mal gelesen es sei der größte Martkt Afrikas. Er liegt mitten in der Stadt wie in einem Talkessel. Schon außerhalb des Marktes ist es sehr stressig! Man wird ständig hab von Taxis oder Trotros überfahren, aber näher zum Bürgersteig kommt man auch nicht, da Taxis und Gemüseauslagen auf der Straße einem den Weg versperren. Wenn man es dann geschafft hat irgendwie zum Bürgersteig zu kommen, läuft man an ganz vielen kleinen Ständen und Tischen vorbei auf denen alles Mögliche zum Verkauf angeboten wird. Der Markt ist in verschiedene Bereiche gegliedert in denen hauptsächlich irgendetwas der selben Art verkauft wird. Es gibt Bereiche in denen Krimskrams, Elektronik, Töpfe, Schmuck, Secondhandkleidung oder ghanaische Stoffe verkauft werden. In einem Bereich, wir nennen ihn den Bereich des bunten Staubes, wird bunter Staub, der teilweise zu kleinen und großen Bällen gepresst ist, verkauft. Keine Ahnung wozu er gut ist. Außerdem gibt es natürlich sehr viele Lebensmittel zu kaufen. Es gibt Obst und Gemüsestände und teilweise auch Auslagen auf dem Boden, sowie Stände an denen halb geschlachtete Tiere hängen. Hufen von Ziegen und Kühen scheinen sehr beliebt zu sein. Auf dem Boden werden in Waschschüsseln verschiedenste getrocknete oder „frische“ Fische verkauft. Wenn man bedenkt, dass die Küste sechs Stunden entfernt liegt und der übliche Transportweg für Fleisch und Fisch ein Trotro ist, wird der Fisch wahrscheinlich nicht mehr so frisch sein. Es werden auch noch lebende Tiere verkauft, Hühner die mit zusammengebundenen Beinen in engen Schüsseln oder Netzen sitzen, Krebse, die ebenfalls zusammengeschnürt werden oder riesige Schnecken, die gerne mal die Flucht ergreifen, aber leider, leider zu langsam sind. In den Lebensmittelbereichen sind die Gerüche alles andere als schön. Es riecht hauptsächlich verwest und wenn sich Fisch- und Fleischgeruch mit verschimmelter Tomate vermischen, dann stinkt es.
Auf dem Markt haben wir uns die ersten ghanaischen Stoffe gekauft, aus denen wir nächsten Monat Kleider machen lassen. Außerdem habe ich für umgerechnet 80 Cent in den gigantischen Wühlbergen auf der Straße zwei Secondhand-t-shirts gekauft.
Auf der einen Seite war es ziemlich interessant mal in den Markt rein zu gehen. Es war unser erster Besuch im Markt, vorher sind wir nur drum herum gelaufen und das allein war schon so anstrengend, dass wir gar nicht hinein wollten. Auf der anderen Seite war es sehr stressig! Viele Menschen rufen nach einem und halten einen so fest, dass man blaue Flecke bekommt. Ich wurde sogar an den Haaren gezogen, nur weil irgendein Idiot mir „Hello, how are you“ sagen wollte und ich ihm anscheinend zu schnell vorbei gelaufen bin. Es wird eher selten akzeptiert, dass man nach dem Preis fragt und dann nichts kauft, da man erst noch den restlichen Markt erkunden möchte und es wird oft gesagt, dass auch gucken etwas kostet, was ich für eine eher semioptimale Geschäftsstrategie halte. Aber wir hatten auch nette Begegnungen, die sich gefreut haben, dass wir bei ihnen gekauft haben und sie haben sich noch viel mehr gefreut, als wir mit ihnen ein bisschen Twi gesprochen haben. An meinem zweiten Tag in Kumasi hat mich Alberta mit zum Markt (nicht auf den Markt) genommen und ich habe einen sehr netten Schuhmacher kennen gelernt. Alberta meinte sie ist ohne mich schneller unterwegs, also hat sie mich mit den Einkaufstüten bei dem Schuhmacher geparkt. Wir haben uns unterhalten und er hat sogar sein Essen mit mir geteilt. Seitdem gehe ich ihm immer kurz „Hallo“ sagen, wenn ich bei Dr. Mesa, der Trotrostation am Markt, bin.
Nachdem anstrengenden Vormittag auf dem Markt sind Tina und ich noch zu einer Beerdigung gefahren, wo das Kollegium mal wieder hin musste.
Leider darf ich keine Bilder, auf denen Schüler zu sehen sind, in diesem Blog hochladen. Ich werde nun nur Bilder von den Gebäuden hochladen.

                                         unser Schulbus


Mittwoch, 31. Oktober 2012

30.10.12: Garden City Special School


Entschuldigung, dass jetzt erst ein Blog über die Schule erscheint. In den ersten zwei Monaten wollte ich ungern etwas über die Schule veröffentlichen, da ich erst einmal Eindrücke sammeln und festigen wollte, bevor ich etwas behaupte oder etwas erzähle, was lediglich eine Ausnahme darstellt. 

Die Struktur:
Die Garden City Special School für geistig behinderte Kinder existiert seit 1977 auf dem Grundstück in Mampong, Kumasi. Auf dem Schulgelände gibt es verschiedene Trakte: zwei Gebäude sind für den Primary Sektor, eines für den Vocational Sektor. Es gibt ein großes Gebäude, was eine kleine Turnhalle, das Lehrerzimmer und zwei weitere Räume des Vocational Sektors beinhaltet. Außerdem gibt es ein Gebäude für die administrativen Arbeiten, ein kleine Klinik, die Küche, zwei Schlafhäuser und ein rundes Gebäude, was als Essensraum und Aula dient.
Zu dieser Schule gehen 186 Schüler, 132 Jungen und 54 Mädchen. Die meisten Schüler sind Internatsschüler, es gibt aber auch 27 Kinder, die täglich nach Hause gehen.

Das Alter der Schüler ist weit gefächert, es liegt zwischen 6 und 30 Jahren. Das liegt daran, wie die Schullaufbahn strukturiert ist. Die Kinder durchlaufen zunächst vier Klassen des Primary Sektors. Nicht jedes Kind startet die Schule mit sechs Jahren, es gibt sogar manche, die erst mit 13 Jahren eingeschult werden. Diese Kinder starten allerdings trotzdem in der ersten Klasse. Außerdem wird nicht jedes Kind automatisch jedes Jahr eine Klasse höher gestuft. Ich unterrichte die vierte Klasse, die genau in dieser Konstellation letztes Jahr bereits bestand. Die Lehrer entscheiden also, wann ein Kind eine höhere Klasse besuchen darf.
Wenn sie die vier Klassen im Primary Sektor abgeschlossen haben, kommen die Kinder oder Jugendlichen in den Vocational Sektor. Hier lernen sie in sechs Jahren verschiedenste Arbeiten: Bartigen, Schreinern, Weben, Perlenketten produzieren, Schustern und Kochen. Nach diesen sechs Jahren absolvieren die mittlerweile Erwachsenen ein praktisches Jahr in einem vorher erlernten Beruf und kommen nach diesem Jahr noch einmal für einige Zeit an die Schule zurück. So ist die Theorie, aber leider haben nicht alle Eltern auch jedes Jahr das Geld ihr Kind zur Schule zu schicken. Sie bezahlen zwar keine Schulsteuer, aber dafür müssen die Internatsschüler einige Dinge mitbringen, z.B. die Uniformen, eine Matratze oder eine bestimmte Menge an Seife. Und somit gibt es einige Schüler, die nur wenige Jahre die Schule besuchen oder immer mal wieder ein Halbjahr fehlen.
In den ersten Wochen nach den Sommerferien, war nur ein winziger Bruchteil der Kinder schon anwesend. Auch heute noch sieht man immer wieder neue Gesichter, Kinder deren Eltern erst jetzt genug Geld auftreiben konnten, um es zurück zur Schule zu schicken.

Der Ablauf der Woche ist immer gleich: Jeden morgen versammeln sich die Kinder in ihren Klassen aufgereiht vor den Gebäuden, beten, singen und marschieren zu Trommelklängen in die Räume. Montags haben wir zunächst eine Sitzung mit allen Angestellten, in der wir erst beten und jemand über einen Auszug der Bibel referiert, um dann die neusten Anliegen zu besprechen. Danach geht es in den Unterricht. Die Stundenverteilung montags, dienstags und donnerstags sieht folgendermaßen aus: 8.30-10.10 Uhr, Pause, 10.40-11.40 Uhr, Pause (in der es Orangenhälften zu essen gibt), 12.00-13.00 Uhr, Mittagessen bis 13.30 Uhr. Um diese Zeit ist mein Arbeitstag zu ende und die Kinder gehen einen Mittagsschlaf machen.
Mittwochs ist Sporttag, d.h. nach der allmorgendlichen Versammlung marschieren die Jungen auf das Fußballfeld und die Mädchen spielen Ball oder machen Gymnastik. Nicht den ganzen Tag wird Sport getrieben, nur im ersten Block. Soweit zumindest die Theorie, wir haben in den zwei Monaten, die wir nun Arbeiten, zwei mal Sport gemacht. Sonst wird Laub gesammelt oder die Kinder dürfen in der Aula fernsehen. Im zweiten und dritten Block, sitzen die Kinder eh vorm Fernseher.
Freitags geht der Schultag nur bis 12.30 Uhr. Im ersten Block wird in der Aula gebetet, gesungen, getrommelt und getanzt. Den restlichen Tag wird Fernsehen geschaut.

Uniformen:
Hier in Ghana tragen die Kinder Schuluniformen. An unserer Schule tragen sie braune Hosen / Röcke und gelbe Blusen / Hemden. Außerdem gibt es eine Sportuniform in grün für Jungen und in rot für Mädchen. Freitags tragen die Schüler ghanaische Kleider oder Hemden. Die Internatsschüler haben außerdem ein kartiertes Outfit für die Nachmittage, was sie direkt nach dem Mittagessen anziehen.

Meine Aufgaben:
Ich unterrichte in der vierten Klasse, in der die Kinder schätzungsweise zwischen 15 und 20 Jahre alt sind. Die Klasse besteht aus sechs Kindern, vier Mädchen und zwei Jungen, einem Klassenlehrer Mr. Gyan und einer Klassenassistentin Gifty. Die Fächer, die es hier gibt sind Sprachentwicklung, Mathe und „ selbstständiges Leben“. Meist unterrichtet Gifty die Klasse anhand von Mr. Gyans Notizen zum Unterrichtsablauf, denn er ist ein viel beschäftigter Mann und muss andauernd zu Gesprächen oder irgendwelche Formulare ausfüllen. Jeder Lehrer muss diese Notizen anfertigen und wöchentlich der Schulleitung einreichen, die sie absegnet. Ich unterstütze Gifty, indem ich Kindern, die nicht mitkommen, unter die Arme greife. Meist wird nur im ersten Block unterrichtet, danach werden die Kinder vielmehr beschäftigt, sie sollen entweder Zahlen oder das ABC auf ihre kleinen Tafeln schreiben. Deshalb übernehme ich im zweiten Block oft den Unterricht und versuche an die vorherige Stunde anzuknüpfen, entweder spontan oder ich mache Gifty Vorschläge zu Materialien (Arbeitsblätter oder Lernkarten), was ich dann in der Pause vorbereite. Im dritten Block, werden die Kinder wieder beschäftigt, indem sie auf ihren Tafeln schreiben, puzzeln oder Perlen auffädeln. In diesem Block bin ich nicht in der Klasse, ich gehe jeden Tag mit Gifty, einer Schülerin, in die Turnhalle um Physiotherapie mit ihr zu machen. Mr. Otu hat mich darin angelernt. Gifty hat eine Spastik, weshalb sie ihre Hände schlecht öffnen kann, sie ist sehr oft verkrampft. Während des letzten Jahres konnten allerdings schon deutliche Erfolge durch die Therapie der rechten Hand erzielt. Sie kann nun alleine essen, also eine Gabel halten, und Stifte oder Kreide halten. Sie hält Gegenstände allerdings anders, als man sie sonst hält. Dieses Jahr konzentrieren wir uns, neben der Therapie der rechten, vor allem auf die linke Hand. Wie genau die Physiotherapie abläuft werde ich in einem anderen Blog beschreiben.
Neben dem Öffnen der Hand, arbeite ich mit Gifty auch an ihrer Sprache. Tina, sie ist Logopädin, hat mir gezeigt, wie eine Sprachtherapie für Gifty aussehen würde und ich versuche nun jeden Tag mit ihr ihre Übungen zu machen, damit ihre Sprache deutlicher wird. Sie hat nämlich einen sehr großen Wortschatz, auch auf Englisch, man hat nur Schwierigkeiten sie zu verstehen. Gifty ist unglaublich motiviert und es macht wirklich super viel Spaß mit ihr zu arbeiten!
Auch mit Yaw, einem Schüler meiner Klasse, mache ich jeden Tag Sprachübungen, die Tina uns gezeigt hat, damit er einzelne Laute lernt auszusprechen. Gerade beim Alphabet hat er Schwierigkeiten, da alle Buchstaben, die er sagt, sehr ähnlich klingen.
Mit Atta arbeite ich mit bestimmten Arbeitsblättern, die ich für sie male, daran, dass sie nicht mehr spiegelverkehrt schreibt.
Mit Nana versuche ich seinen Wortschatz im Englischen zu erweitern. Er schreibt sehr gerne ab und mit Hilfe von Bildkarten, auf denen auch die Wörter stehen, lernt er neue Worte kennen und lernt auch noch schreiben. Einige Worte kann er mittlerweile schreiben ohne die Karte zu sehen.

Mittwochs und freitags sitzen Tina und ich nicht mit in der Aula und schauen fernsehen, sondern wir sind in der Turnhalle und holen Kinder zur Einzelförderung. Während Tina in ihrer Sprachtherapieecke mit Schülern arbeitet, mache ich mit Gifty und Yaw die täglichen Übungen in Physio- und Sprachtherapie, oder mache mit Nana seine Schreibübungen. Außerdem bieten diese beiden Tage Zeit um auch mit Kindern, die nicht in meiner Klasse sind zu arbeiten, z.B. mit Ivette. Sie sehe ich zweimal die Woche, um ihre Beine zu massieren, so wie Mr. Otu es mir gezeigt hat, und mit ihr zu laufen. Als sie zur Schule kam konnte sie gar nicht gehen, aber mittlerweile kann sie sehr wackelig kurze Strecken alleine gehen. Für längere Strecken versuchen wir sie gerade an einen Rollator zu gewöhnen, doch es ist noch sehr schwierig für sie die Bremsen zu bedienen. Die Arbeit mit Ivette ist recht anstrengend und mühsam, denn sie ist sehr faul, hat oft weder Lust zu sprechen noch zu laufen und es erfordert viel Überredungskunst und Geduld, sie dazu zu bewegen mitzuarbeiten.
Des Weiteren versuche ich einmal die Woche mittwochs oder freitags mit Felicia, Isaac und Wakome in die Turnhalle zu gehen. Felicia hat großen Spaß an dem Cross Trainer, der in der Turnhalle steht und da sie auch nicht so gut laufen kann und jede Bewegung ihr gut tut, lasse ich sie ein bisschen Sport treiben. Genauso wie Wakome, der ziemlich übergewichtig und sehr lauffaul ist, die Sportgeräte aber toll findet. Mit Isaac versuche ich seinen englischen Wortschatz zu erweitern, bzw. einen Wortschatz der für ihn wichtigsten Vokabeln aufzubauen. Außerdem bringe ich ihm bei seinen Namen zu schreiben, denn den würde er gerne öfter irgendwohin schreiben, schafft es aber nicht richtig. Das sind im Grunde meine Aufgaben hier während des Jahres.

Die Erziehung mit dem Stock:
Sehr fortschrittlich an dieser Schule ist, dass den Lehrern von Anfang an gesagt wird, dass so wenig wie möglich geschlagen werden soll. Jeder Lehrer hat zwar einen Stock, aber der soll hauptsächlich nur zum drohen eingesetzt werden. Damit die Kinder allerdings Angst vor dem Stock und den Drohungen haben, müssen sie erst einmal an die Schmerzen, die der Stock verursacht, gewöhnt werden. Deshalb wird in den unteren Klassen recht viel geschlagen, besonders die Schüler die neu sind, bekommen sehr oft den Stock zu spüren, denn sie wissen ja noch nicht was erlaubt ist und was nicht. Das klingt manchmal sehr übel, wenn man den Knall und das Geschrei hört. In den höheren Klassen, wird damit meist nur gedroht, wenn jemand Mist macht, manchmal wird dann auch zugehauen. Was sehr fortschrittlich ist, ist dass der Stock nie als Bestrafung eingesetzt wird, wenn ein Schüler einen Fehler im Unterricht macht. Es kommt vor, dass die Kinder ausgelacht werden, wenn sie einen Fehler machen, aber sie werden nie geschlagen.
Ich bin in diesem Punkt sehr froh an der Schule in Kumasi zu arbeiten, denn was wir so für Geschichten aus Winneba hören….schrecklich.
Generell wird hier etwas anders mit Demütigung umgegangen als in Deutschland. Ich werde eine Situation schildern, die vor zwei Wochen passiert ist. Tina und ich kamen aus dem Essensraum und sahen einen Kreis von Hausmüttern, Köchinnen und auch Lehrern. In der Mitte stand Wakome, der sehr übergewichtige Schüler. Eine Köchin hat auf ihn eingeredet und an seinen Brustansätzen gewackelt und gezogen und schrecklich gelacht. Alle anderen Erwachsenen, die in dem Kreis standen fanden diese Szene auch unglaublich komisch. Tina und ich waren total schockiert. Wakome hat sich sichtlich unwohl gefühlt in der Situation, was man an seiner Körpersprache und Mimik erkennen konnte. Da er nicht spricht konnte er sich weder  mit Worten verteidigen, noch konnte er aus dem Kreis fliehen. Tina und mir muss unsere Empörung vom Gesicht abzulesen gewesen sein, denn sobald der eine Lehrer unsere Gesichter gesehen hat, hörte er auf zu lachen und befreite den armen Jungen aus der Situation, indem er ihn mitnahm. Wir haben uns anschließend mit Wakome hingesetzt, haben versucht ihn etwas aufzumuntern und haben die anderen Kinder verscheucht, die weiter an ihm herumzerren wollten, denn sie hatten ja eben gesehen, wie lustig das ist ihn so zu demütigen. Eine schreckliche Situation war das und ich hoffe so etwas kommt so schnell nicht wieder vor. Die Schüler werden hier öfter ausgelacht, geschubst oder als Handlanger für die kleinsten Arbeiten, wie den Müll des Lehrers in den Eimer zu schmeißen, benutzt, aber in diesem Ausmaße hoffe ich die Demütigung eines Schülers nicht wieder zu erleben.

Der Fernseher:
Wie bereits gesagt, wird mittwochs und freitags ferngesehen. Die Sendung bestimmt eine Clique von Lehrerinnen, die zur eigenen Unterhaltung DVDs mitbringen. Diese Filme oder Serien sind meist sehr brutal und voll von Sexszenen, die verdammt detailliert sind. Die Kinder jubeln, wenn jemand erschossen oder erstochen wird und kreischen, wenn die Darsteller sich ausziehen. Tina und ich haben beschlossen, Kinderserien und Disneyfilme anzuschaffen, damit die Schüler mal etwas Kindgerechtes gucken.

Wie es um die Schule steht:
Vor ein paar Wochen war nicht genau klar, ob die Schule weiterhin geöffnet bleibt oder vorübergehend geschlossen wird. Es fehlte an Geld von der Regierung. Zu Beginn des Schuljahres hat die Schule einen bestimmten Betrag bekommen, den sie für die tägliche Nahrung der Internatsschüler zur Verfügung hatte. Das Essen beschränkte sich also auf günstige Nahrungsmittel, es gab jeden Tag dasselbe Gericht und nie Fleisch oder Fisch.
Da dieser Betrag langsam dem Ende zuging, aber die Regierung kein neues Geld zur Verfügung stellen wollte oder konnte, fuhr die Schulleitung zu unzähligen Meetings, um die Regierung, einzelne Parteien und potentielle Spender zu überzeugen, dass das Geld dringend benötigt wird. Sie hatten Erfolg! Ein Glück, denn wären sie erfolglos zurückgekehrt, wäre die Schule in der folgenden Woche geschlossen worden. Und obwohl nun zumindest erst einmal genug Geld da ist, um die Schüler zu ernähren, steht es nicht so gut um die Schule. Einige der neuen Lehrer und die Klassenassistenten haben seit 2 ½ Jahren kein Gehalt mehr bekommen. Sie arbeiten trotzdem weiter, denn wenn sie kündigen würden, bekämen sie den noch ausstehenden Gehalt nicht bezahlt. Zumindest habe ich das so verstanden.


Von nun an werden öfter Berichte von der Arbeit mit einzelnen Schülern folgen. Und ich hoffe bald ein paar Fotos aus der Schule hoch laden zu können. Ich möchte nur vorher die Schulleitung fragen und die Fotos absegnen lassen.

Sonntag, 28. Oktober 2012

27.10.12: Mein Weg zur Arbeit durch Asebi


Jeden Tag wenn ich zur Arbeit oder sonst wo hin gehen möchte, laufe ich durch das Viertel Asebi, in dem ich wohne. Auf meinem Weg begegnen mir viele Leute, die mich mittlerweile schon kennen und ansprechen. Zunächst begegnen mir Nachbarn, die ich meist nur mit „Guten morgen“ begrüße. Wenig später komme ich an einem Haus vorbei, wo immer Leute auf der Mauer sitzen, die mich grüßen, „Ey Weiße, Hallo, wie geht’s?“ „Gut und selbst?“. Um die Kurve und an den Klohäuschen vorbei und ich komme zum Kohleberg. Auf dem Kohleberg sitz meist eine Frau, die ich grüße „Guten morgen“ und sie sagt darauf „jooo Willkommen“ und ich „ya änna“ (Das sagt man so, wenn eine Frau einen Willkommen heißt. Man wird hier übrigens auch sehr oft und immer wieder Willkommen geheißen). In der Kohlehütte sitzt ein alter Mann, der sich immer total freut mich zu sehn. Der textet mich auch gelegentlich auf Twi zu, versteht aber auch Englisch. Hinter dem Baum, an dem immer alte Männer sitzen, denen ich zunicke, komme ich zu den Kioskfrauen. Die erste ist Witwe, was man an der schwarzen Kleidung sieht. Sie und ihre Kinder verkaufen in der Hütte Eier und Brot. Eine sehr nette Familie! Die Kinder sind total freundlich und wollen nicht die ganze Zeit, dass ich ihnen etwas kaufe und die Mutter versucht mir viele Wörter zu erklären. Hier bin ich auch Adwoa und nicht Obrouni („Weiße“). Nebenan die zweite Kioskfrau, die immer in einem sehr schroffen Tonfall spricht (ich empfinde den Tonfall und den Umgang hier allerdings öfter als schroff oder ruppig, aber das ist nur meine persönliche Empfindung!): „Adwoa, bra!“ (Adwoa komm!). Ich möchte es mir hier im Viertel nicht verscherzen, deshalb komme ich auch und fühl mich dabei wie ein Hündchen. Ich grüße: „Guten morgen“ „Wie geht’s?“ „Gut und selbst?“ „Mir auch“ „Wo gehst du hin?“ „Ich gehe zur Schule“ „Joooo“ „Byebye“. Und weiter geht’s vorbei an den Frauen unter dem steinernen Pavillon, die „Adwoa, Willkommen“ rufen. „Ya änna“. Als nächstes Laufe ich über den Hof der Schneiderin, die immer winkt. Dann springe ich über die Puddelrinne und habe die staubige Hauptstraße von Asebi erreicht. Dort schreien viele Kinder „Obrouni! Obrouni!“, manche fragen auch „Obrouni, how are you?“. Wenn ich ihnen antworte und frage wie es ihnen geht, kommt oft keine Antwort mehr, aber manchmal sagen sie auch „I am fine. Thank you. And you?“. Diese Satzkette lernen die Kinder in der Schule und sie sagen es alle in derselben auswendig gelernten Betonung. Das ich ziemlich amüsant. Dann gelange ich zur letzten Kioskfrau, die immer lacht! Ich find sie dadurch super sympathisch und grüße sie „Guten morgen“ „Wie geht’s?“ „Gute und selbst?“ „Auch gut. Gehst du zur Schule?“ „Ja ich gehe zur Schule.“ „Geh mit Gott und komm mit Gott“ „Joooo. Byebye“. Und schon verlasse ich Asebi und steh auf der geteerten Straße nach Mampong. Man muss sich vorstellen, diese Gespräche führe ich jeden Tag und zwar genau gleich! Und auf Twi.
In Asebi laufen auch ziemlich viele Tiere herum. Es gibt viele kleine Schafsherden, die durch die Gegend rennen und einsame Ziegen, die grasen. Es gibt Straßenhunde und Katzen und viele Hühner und Küken, die in den Puddelrinnen Abfall und Exkremente fressen. In meiner Nachbarschaft sind auch zwei riesige Schafsböcke angekettet (Nennt man die so? Ich meine Ziegenböcke in Form eines Schafes.). Außerdem zieht hier immer eine Herde Kühe, oder Kuhmele wie Tina und ich sie nennen,  mit einem jungen Hirten durch das Viertel. Wir nennen sie Kuhmele, weil die Kühe einen großen Höcker haben, wie Kamele. Sie sehen auch sonst eher seltsam aus, mit großen Hörnern und einem Hautlappen, der am Hals baumelt.
Vor den Kuhmelen habe ich auf jeden Fall Respekt, denen weiche ich lieber aus. 
                                       der Blick von der Straße nach Mampong aus Richtung Asebi
                                                   der alte Mann im Kohlehäuschen
                                         die erste Kioskfrau
Kinder aus Asebi. Das kleine Mädchen ganz unten, ist die Enkelin der ersten Kioskfrau, eine ganz süße.

28.10.12:


Alberta hat mich für die Hochzeit eingekleidet. Man seh ich nicht schön aus mit diesem roten Latexgürtel mit Strasssteinen, den gelben Latexflipflops mit Strasssteinen, dem glitzernden Haarreif und der ebenfalls mit Strasssteinen besezten Tasche? :D
 Im obersten Stockwerkes dieses Rohbaus fand die Hochzeit statt. Etwas beunruhigend war, dass die Wand ständig auf Tina bröckelte.
                                          die Ankunft der Braut
                                        ein Teil des Kollegiums der Garden City Special School
 
Dieses Wochenende waren wir mit dem Kollegium Samstag auf einer Beerdigung und Sonntag auf einer Hochzeit. Diese Hochzeit mochte ich leider genauso wenig, wie die letzte. Dazu kam auch noch, dass wir uns schon um 8.30 Uhr an der  Schule getroffen haben, denn dann sollte der Bus abfahren. Er ist dann um 9.30 Uhr abgefahren, denn die Hochzeit sollte angeblich um 10 Uhr anfangen. Offiziell fing sie aber erst um 11 Uhr an, doch die Braut kam zu spät, weshalb es in Wirklichkeit erst um 12 Uhr losging. Nämlich mit einem Twi Gottesdienst über zwei Stunden. Dieser Gottesdienst wurde zudem noch durch schlechte Boxen, die viel, viel zu laut waren, gegröhlt. Danach folgte die „Feier“, bei der es nur um Geld ging, was ich schon einmal ausführlicher erzählt habe. Ich habe heute den Schluss für mich gezogen, dass ich zu keiner Hochzeit mehr gehen werde!

Freitag, 26. Oktober 2012

26.10.12:


Heute war ein wichtiger muslimischer Feiertag, weshalb wir Schulfrei hatten. In Kumasi leben viele Muslime, in etwa so viele wie Christen, deshalb hat man das Fest muslimischer Familien an vielen Straßenecken mitbekommen. Es wurden Schafe und auch Ochsen am Straßenrand geschlachtet und deren Reste wurden verbrannt.

22.10.12: Beerdigung und Malaria


Letzten Samstag mussten wir mal wieder mit dem gesamten Kollegium zu einer Beerdigung fahren. Tina konnte leider nicht mit kommen, die Arme lag mit Malaria im Krankenhaus… Ich habe sie noch vor der Beerdigung besucht und versprochen danach noch einmal zu kommen. Normalerweise sind wir nämlich nicht länger als ein bis zwei Stunden auf einer Beerdigung. Nun diesmal nicht. Um 14 Uhr haben wir uns an der Schule getroffen und sind um 14.45 Uhr losgefahren zu einer Beerdigung, die ganz um die Ecke sein sollte. Im Endeffekt waren es 1 1/2 Stunden Fahrt dorthin. Es hat sich aber gelohnt, denn die Beerdigungsfeier war riesig und total interessant. Die Tochter der Verstorbenen ist sehr, sehr reich und organisiert immer Weihnachten eine Party für die Kinder der Schule, deshalb wurden wir eingeladen. Den Reichtum konnte man auch bei dieser Beerdigung deutlich sehen. Das Gelände war riesig! Es gab so viele Pavillons und Stühle. Der Sarg stand in einem kleinen mit Tüchern bespannten Holzhäuschen in der Mitte, was mit Fotos dekoriert war. Davor stand eine Schale, in der irgendetwas verbrannt wurde, was ziemlich viel weißen Rauch produzierte. Es gab ein Trommelorchester und Tänzer, die traditionell gekleidet waren. Der Tänzer hatte ein braunes Tuch um die Hüfte gebunden und die Tänzerin, trug Kente, einen gewebten Stoff, der sehr, sehr teuer und von Hand gefertigt ist, und viel Goldschmuck. Zu den geladenen Gästen gehörten ziemlich wichtige Personen, was man daran erkennt, dass sie unter Samtschirmen laufen, die von anderen getragen werden. Auch sie sind traditionell gekleidet und tragen viel Goldschmuck. Vor ihnen laufen vier „Wachen“ mit schwarzen Hüten und blauer Robe, die goldene Zepter schützend quer halten. Die kleine Prozession endet mit den Trommlern. Mehrere Männer tragen riesige Trommeln quer auf dem Kopf und werden von jemandem gefolgt, der darauf herum trommelt. Das ist total interessant zu sehen, vor allem wenn traditionelle Musik ertönt und die Schirme anfangen sich zu drehen und zu tanzen, anscheinend ein Zeichen dafür, dass auch der „Chief“ darunter tanzt. Mr. Gyan erklärte mir, dass die wichtigen Leute „Chiefs“ sind, wovon genau hat er mir nicht beantwortet. Neben den Chiefs waren auch viele andere Männer mit Goldschmuck behangen. Außerdem gab es eine Reihe Frauen, die auf dem Boden saßen, bemalt, in Kente gekleidet und die Beine umwickelt mit Bast oder Stroh.
Die Begrüßungsrunde war bei dieser riesigen Beerdigung dementsprechend lang und gestaltete sich als schwieriger, da plötzlich eine Reihe der wichtigen Leute unter den Schirmen und mit den Trommlern aufbrach, während unsere Schlange sich gerade den Weg zur anderen Seite zum Händeschütteln bahnte. Ich hatte das Glück, dass sich genau bei mir die Schlangen trafen und ich hatte keine Ahnung, ob ich jetzt noch schnell vorbei schlüpfen sollte, da ich das Schlusslicht unserer Schlange bildete, oder lieber respektvoll warten sollte. Das hätte allerdings bedeutet, dass ich nicht mehr bei meinem Vordermann hätte abgucken können, wem ich die Hand schütteln muss und wem nicht. Der eine Wachmann eines Chiefs hat wohl meinen Zwiespalt erkannt und mich durchschlüpfen lassen, sehr nett.
Nach der Begrüßungsrunde saßen wir eine Weile auf unseren Stühlen ganz hinten und einige Mädchen haben sich um mich gescharrt und wir haben uns unterhalten.
Um halb sechs sind wir aufgebrochen und ich befürchtete im Dunkeln nach Hause zu kommen, denn der Weg zurück dauerte ja etwas. Ich versuche hier möglichst nicht später als 18.30 Uhr nach Hause zu kommen, um nicht im Dunkeln laufen zu müssen. Das ist auf der einen Seite gefährlich (meine helle Haut leuchtet aber auch im Dunkeln, verglichen mit dunkler Haut) und außerdem ist abends so oft Stromausfall, dass ich mit Sicherheit in die „Puddelrinnen“ treten würde. Das wäre unschön, denn in „Puddelrinnen“, wie Tina und ich sie nennen, fließt oder steht das Abwasser. Meistens bahnen sie sich ihren Weg am Straßenrand, manchmal aber auch mitten auf der Straße.
Zurück zur Beerdigung; denn der Bus fuhr nicht wie ich dachte zurück zur Schule, er fuhr nur ein paar Häuser weiter und wir stiegen wieder aus. Im Garten einer Villa nahmen wir, ebenso wie hundert andere, Platz und bekamen Getränke. Nach einer Weile, die wir dort saßen, es war bereits dunkel, gingen wir zurück zum Bus. Tina wurde langsam nervös im Krankenhaus und schrieb mir eine SMS, ob wir denn noch kämen und sie abholten. Doch wir fuhren noch nicht zurück, denn die Schulleiterin rief uns zurück, wir wurden noch zum Essen eingeladen. Also blieben wir noch eine weitere Stunde bis das große Buffet aufgebaut war, was wir zu uns nahmen während eine gute Band mit guten Lautsprechern (!) spielte.
Im Endeffekt waren wir um 21 Uhr an der Schule. Ich bin noch rüber ins Krankenhaus zu Tina gegangen, die versuchte sich durch zusetzten, dass sie nicht übernacht bleiben musste. Sie hat es auch geschafft. Grace und Tina haben mich dann mit dem Auto in Asebi abgesetzt, sodass ich nicht mehr den langen Weg entlang der großen Straße im Dunkeln laufen musste.
An diesem Abend war ich fix und fertig, mir ging es den ganzen Tag nicht wirklich gut und ich war froh im Bett zu sein! Am nächsten Tag lag ich dann auch krank im Bett mit Magen-Darm-Problemen, aber das ist eine andere Geschichte.