Beschreibung

Hallo,

mein Name ist Isabel Unger. Ich bin 19 Jahre alt und habe mich entschieden ab August 2012 für ein Jahr in Ghana zu leben. Mein Wohnort wird die große Stadt Kumasi sein, in der mich eine Gastfamilie aufnehmen wird. Vor Ort werde ich im Rahmen des EMC-Ghana Projektes an der Garden City Special School, einer Schule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, arbeiten.

Auf diesem Blog werde ich Berichte vom Leben und der Arbeit in Ghana, sowie Fotos hochladen.

Viel Spaß beim Lesen, eure Isa

Montag, 15. Oktober 2012

30.09.12: Hochzeit


 Ich war heute auf einer Hochzeit. Das stellt man sich jetzt sicher erst einmal sehr schön vor, ich fand es leider nicht so schön wie erhofft. Das kann auch daran liegen, dass es mir irgendwie unangenehm war, zu einer Hochzeit zu gehen, auf die ich zumindest nicht offiziell eingeladen wurde und bei der ich das Brautpaar gar nicht kenne.
Das Paar kommt auf jeden Fall auch aus Asebi, dem Viertel in dem ich wohne.
Ich hatte keinen sonderlich guten Tag, ich kann gar nicht genau sagen wieso, aber der vierstündige Gottesdienst am morgen, der ausschließlich auf Twi war, hat meine Laune nicht sonderlich verbessert. In der Kirche gegenüber von unserem Haus fand die Trauung statt. Meine Familie war schon in der Kirche als ich aus der katholischen Kirche zurückkehrte und ich wollte nicht einfach hereinplatzen, vor allem wusste ich nicht, ob gerade ein normaler vierstündiger Gottesdienst statt findet oder bereits die Trauung. Ich beschloss also erst einmal ins Haus zu gehen. Drei Stunden später kam dann Abena und wollte, dass ich mit ihr zur Hochzeit komme. Da ich eine ghanaische Hochzeit noch nie gesehen habe, freute ich mich darauf und war gespannt, was so passieren würde. Die Trauung hatte ich bereits verpasst, aber die Feier habe ich noch mit bekommen. Vor der Kirche und in der Kirche (die Kirche ist ein großer, aus Brettern gezimmerter Raum) waren Stuhlreihen aufgestellt. Abena lief mit mir  hindurch bis zur zweiten Reihe, wo ich direkt am Gang Platz nahm. Der Raum war ausladend geschmückt mit orange, violett und grünen Tüchern und glitzernden Plastikblumen in Neonfarben. Kurz nach dem wir kamen, stand das Brautpaar auf, um zusammen zutanzen. Die Braut trug ein Seidenkleid mit langer Schleppe, viel Spitze, Glitzer und Perlen und dazu passende Handstulpen. Ihr gelocktes Kunsthaar war in einer Hochsteckfrisur gebunden, in der ein Diadem steckte. Zu dem tanzenden Brautpaar gesellten sich schnell ein paar Menschen, die während sie tanzten Geld in eine Kiste warfen. Eine alte Frau wollte mich die ganze Zeit zum Tanzen bewegen, aber mir war es ja schon unangenehm genug bei einem fremden Brautpaar in der zweiten Reihe zu sitzen, da wollte ich nicht unbedingt noch vorne tanzen. Meine Standhaftigkeit, dass ich nicht tanzen möchte, erübrigte sich bald, da Abena mir Geld in die Hand drückt und mich zur Kiste schickte. Die alte Frau nutzte sofort ihre Gelegenheit, nahm mich am Arm und tanzte mit mir nach vorne, obwohl sich alle anderen Gäste bereits wieder gesetzt hatten. Ich tanzte also am Brautpaar vorbei zu der Kiste, um das Geld rein zuwerfen und tanzte schnell zurück zu meinem Platz, obwohl die alte Frau noch sehr gerne mit mir vor dem Brautpaar getanzt hätte. Erleichtert zurück auf meinem Platz hörte ich den Moderator etwas auf Twi sagen, was „Obrouni“ (Weiße) enthielt und die Leute haben sich köstlich darüber amüsiert. Plötzlich machten alle Leute um mich herum Gesten, die bedeuteten, dass ich nach vorne gehen sollte. Ich bin also, nach dem ich mich zehnmal versichern ließ, dass ich wirklich nach vorn treten soll, zum Moderator und dem Brautpaar gegangen und stand etwas unschlüssig herum. Der Moderator bat mich, bzw. befahl er viel mehr, mich umzudrehen (sodass mich auch jeder mal begutachten könne). Dann wollte er, dass ich noch einmal tanze, aber das habe ich dankend abgelehnt und bin wieder zum Platz gegangen. Es gibt öfter mal Momente an denen man sich wie ein vorgeführtes Zirkusäffchen fühlt, dies war einer davon.
Beim nächsten Spielchen, „verschenkte“ das Brautpaar, gegen eine Geldspende von 20 Cedi, was viel Geld ist, Sektflaschen. Der Bräutigam verteilte sie auch einfach in der Menge und streckte dann die Hand aus, um das Geld zu kassieren. Die Frau neben Abena, der er eine Flasche hinhielt, wollte gar keinen Sekt und konnte vielleicht auch nicht mal eben so 20 Cedi zahlen, aber der Bräutigam ließ nicht locker und hielt mit versteinerter Miene seine Hand auf. Nach einer Weile und einem bösen Blick ließ er von ihr ab.
Als alle Sektflaschen verteilt waren folgte ein ähnliches Spiel. Ein Bogen voller Ballons wurde herein getragen und jeder der wollte konnte für zunächst 20 Cedi einen Ballon zerplatzen. Der Preis ging im Laufe des Spiels bis auf 2 Cedi herunter, bei denen ich wieder von Abena nach vorn geschickt wurde. Ich mag diese Spielchen, die ich im Übrigen morgens schon in der Kirche mit angesehen habe, nicht besonders. Ich empfinde sie teilweise als Zurschaustellung von Reichtum oder eben auch Armut. Besonders, da, wenn gerade niemand mehr einen Ballon zerplatzen möchte, einfach Namen vom Brautpaar aufgerufen werden, von Leuten, die als nächstes Spenden sollen.
Nachdem das Paar einmal nach draußen und wieder herein marschiert ist, wurde Essen und Trinken verteilt und da ich schon über eine Stunde anwesend war, dachte ich mir, ich gehe mal wieder ins Haus.
Ich hoffe inständig, dass  ich so schnell nicht wieder auf eine Hochzeit gehen muss, zumindest auf keine, bei der ich das Brautpaar nicht einmal kenne.