Beschreibung

Hallo,

mein Name ist Isabel Unger. Ich bin 19 Jahre alt und habe mich entschieden ab August 2012 für ein Jahr in Ghana zu leben. Mein Wohnort wird die große Stadt Kumasi sein, in der mich eine Gastfamilie aufnehmen wird. Vor Ort werde ich im Rahmen des EMC-Ghana Projektes an der Garden City Special School, einer Schule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, arbeiten.

Auf diesem Blog werde ich Berichte vom Leben und der Arbeit in Ghana, sowie Fotos hochladen.

Viel Spaß beim Lesen, eure Isa

Dienstag, 18. September 2012

16.9.12: Beerdigungen

In dieser Woche, meiner zweiten Woche in Ghana, war ich bereits auf zwei Beerdigungsfeiern. Die erste, am Donnerstag, war nicht die eigentliche Beerdigung, sondern nur die One Week Celebration. Das ist ein Fest eine Woche nach dem Tod einer Person, an dem sich die Familie trifft und beschließt wann die richtige Beerdigung sein soll (was bis zu 2 Monate später sein kein), wie viel Geld sie dafür aufbringen wollen und wer die Position des Verstorbenen in der Familie einnimmt. Zu diesem Fest stellt man auf einem Platz oder mitten auf der Straße einen geschmückten Tisch mit einem großen Foto des Verstorbenen auf. Drumherum werden Pavillons aufgestellt und ganz viele Stuhlreihen. Die Familie sitz den ganzen Tag dort und es kommen immer wieder anderer Leute die ihr Beileid bekunden wollen, sich dazu setzen und nach frühestens einer Stunde wieder gehen. Und zu dieser Feier bin ich eingeladen gewesen, da ich nun zum Kollegium der Garden City Special School gehöre. Es ging bei dem Verstorbenen nämlich um den Vater einer Lehrerin. Hier geht jeder ständig zu Beerdigungen, auch wenn man die Person nicht kannte und über 5 Ecken was mit ihr zu tun hatte, es gehört sich so. Zu diesem Fest muss man sich nicht sehr schick machen, aber man sollte zumindest schwarz tragen, weshalb Tina und ich uns am Tag vorher noch auf dem Markt einen schwarzen Rock und eine Bluse gekauft haben. Der Ablauf einer solchen Feier ist so: man stellt sich in einer Reihe auf und läuft an der Familie vorbei, die sitzt. Man gibt jedem in der ersten Reihe die Hand, außer wenn dort eine Frau mit Blumen in der Hand sitzt (die Ehefrau des Verstorbenen), sie wir ausgelassen. Und so geht man alle ersten Reihen unter den Pavillons durch und schüttelt Hände. Währenddessen wird per Lautsprecher eine Durchsage gemacht, wer man ist, z.B. das Kollegium der GCSS. Sobald man sitzt, kommt ein Botschafter der Familie, der fragt warum wir gekommen sind und erzählt noch irgendetwas. Nachdem er der Familie berichtet hat, dass wir unser Beileid bekunden wollen, kommt die Familie und schüttelt der ersten Reihe die Hand und winkt den hinteren Reihen zu, um Dankbarkeit zu zeigen. Es kommen Leute, die einem was zu trinken anbieten und nach einer Weile sitzen geht einer zur Familie und übergibt ihr Geld, was im Kollegium gesammelt wurde. Die Summe die man gibt wird dann durch den Lautsprecher verkündet und Dank wird ausgesprochen. Die Familie kommt noch einmal und schüttelt Hände und winkt. Währenddessen läuft Musik und manchmal wird auch getanzt. Nach ca. einer Stunde sind wir wieder gegangen.
Gestern am Samstag sind wir von der Schule aus zu einer richtigen Beerdigung in ein Dorf ca. eine Stunde außerhalb Kumasis gefahren. Wieder ging es um den Vater oder Mann einer anderen Kollegin, die ich vorher noch nie gesehen hab. Zu dieser richtigen Beerdigung  zieht man sich schick an. Abena hat mir ein ghanaisches Beerdigungskleid geliehen. Als wir in dem Dorf ankamen sah man überall nur schwarz, oder auch braun, weiß und rot (die Farben der Trauer) gekleidete Menschen herum laufen und sitzen. Unter jeden Schattenspendenden Baum oder Mauer waren Stühle aufgebaut. Im ganzen Dorf hat es vor Menschen nur so gewimmelt. Wir sind zunächst in irgendeinen Hinterhof gegangen, wo wir uns hinsetzten und uns Hände schüttelnd und winkend Menschen begrüßten. Es wurde uns Wasser gebracht und Essen. Für manche gab es Reis mit Fleisch und andere bekamen Fisch mit Banku und wieder andere Suppe mit Banku. Ich habe gesagt, dass ich Vegetarier bin und keine Tiere esse und es gar nicht schlimm ist, wenn ich nichts esse, ich war sowieso voll! Und ich habe Fisch mit Banku bekommen. Banku ist ein Klops irgendwas, schmeckt ein bisschen wie Sauerteig und stopft unheimlich. Dazu gibt es eine Soße, die aus klein gestampftem Fisch und noch anderen Sachen bestand, was ich an den herum schwimmenden Fischschuppen gesehen habe. Dazu gab es einen getrockneten Fisch, der mich mit gelben Augen angestarrt hat. Ich hab also gesagt, ich probiere es, ich wollte ja nicht unhöflich sein. Ich musste allerdings schon etwas kämpfen und mich zusammenreißen. Als ich die Hälfte dieser riiiiiesigen Portion gegessen hatte, echt stolz und total voll gefuttert war, dachte ich okay das genügt jetzt hoffentlich der Höflichkeit halber, doch bevor ich irgendetwas sagen konnte, meinten alle „Eat! Eat! Eat all!“. Ich hab also weiter gegessen, konnte aber beim besten Willen nicht alles aufessen. Ich hab mich entschuldigt und die Lehrerin neben mir gefragt ob es sehr unhöflich sei und sie meinte „ja“. Also haben wir den Rest einem Kind gegeben, das auf dem Hof lebt. Unhöflich war ich anscheinend trotzdem. Naja, dann sind ein paar Lehrer aufgebrochen und einige blieben wo sie waren. Da uns niemand gefragt hat ob wir mit kommen wollen, blieben Tina und ich einfach auch mal sitzen. Irgendwann später dreht sich die Headmisstress zu uns um und fragt warum wir nicht mitgegangen sind. Mr. Otu, der stellvertretende Schulleiter, hat angerufen, wo wir denn sind. Das war mal wieder so eine typische Situation, man erwartet etwas zu uns, aber einfach mal zu sagen, dass wir mitgehen sollen o.ä., fällt hier nie jemandem ein. Also hieß es „wollt ihr etwa nicht unsere Kultur kennen lernen?“ und die Erklärung, dass wir es nicht wussten, da uns niemand gefragt hat ob wir mitgehen wollen, kam glaub ich auch nicht wirklich an. Uns hat dann also eine Lehrerin zu einer großen Wiese gebracht. In der Mitte stand der geschmückte Sarg und darum wieder Pavillons. Der Sarg war ein Glück geschlossen, da wir nachmittags kamen, morgens wäre er geöffnet gewesen. Wir haben also wieder die Runde gemacht und Hände geschüttelt und haben uns dann zu Mr. Otu gesetzt. Diesmal gab es auch einige Trommler und Sänger, die für die Musik gesorgt haben. Nach insgesamt ca. zwei Stunden, sind wir wieder gefahren.
Ich glaube ich werde in den nächsten Monaten noch auf einige Beerdigungen gehen!